Dienstag, 14. August 2018
Buchkritik
Es ist schon wieder passiert: Ich bin auf einen angeblichen Bestseller hereingefallen. Aber mal ehrlich, wenn sogar Barack Obama es unter seinen persönlichen top ten verortet, muss ja wohl was dran sein. Also habe ich es gekauft und gelesen. Die Kritik wollte ich direkt auf der Verlagsseite abgeben. Hat aber irgendwie nicht funktioniert. Falsche URL oder so; keine Ahnung. Nun hatte ich den Text aber schon vorgeschrieben. Von Hand. Auf Papier! Wohin damit?
Da fiel mir ein, dass ich hier schon mal unterwegs war, um meine Mitmenschen ungefragt mit meinen geistigen Ergüssen zu strapazieren. Was soll ich sagen - da bin ich wieder!


Naomi Aldermann - Die Gabe


Wie würde eine Welt aussehen, in der Frauen das Sagen hätten?

Eine interessante Frage, die gerade in der heutigen Zeit, in der Männer zwar immer noch an den Schalthebeln der Macht sitzen, gleichzeitig aber immer weniger ihre klassische Geschlechterrolle ausleben können, eine enorme Sprengkraft besitzt.
Der Weg ist das Ziel. Spinnt man die jetzige Entwicklung einfach weiter, gibt es einen großen Knall oder lässt man die komplette Menschwerdung unter anderen Voraussetzungen ablaufen?
Die Autorin entscheidet sich für die zweite Variante. Fast zeitgleich entdecken Frauen weltweit die Gabe, mit Hilfe eines bisher unerkannten Organes elektrische Ladungen verschießen zu können. Was als harmloser Spaß beginnt, entwickelt sich schnell (zu schnell?) zu blutigem Ernst.
Frauen haben plötzlich Macht - Macht über die Männer. Und wozu gebrauchen die (meisten) Frauen ihre Macht? Es ist so banal wie vorhersehbar - sie rächen sich! Wahllos, hemmungslos, brutal - weil sie es können!
Angeführt von ihre spirituellen Führerin Mother Eve (sehr originell!), die gleich noch eine neue Religion etabliert, schicken sie sich an, die Welt umzukrempeln.
Und was tun die Männer? Sie kapitulieren, sie arrangieren sich (natürlich unterwürfig!) oder sie wehren sich, wenn es sein muss mit Gewalt. (Was sie prompt zu Terroristen macht!)
Die Rollen scheinen klar verteilt. Hier die Frauen, die die Fahne der Gerechtigkeit hoch halten; dort die Männer, die partout nicht begreifen wollen, dass sie ab jetzt zu gehorchen haben.

Das Gesamtkonzept ist klar erkennbar. Mehrere Erzählstränge, sowie eine zeitliche und geografische Zuspitzung. So weit, so gut. Die Umsetzung allerdings ist enttäuschend!
Die heraus gepickten Charaktere, die ja eigentlich die Handlung tragen sollen, bleiben über die komplette Buchlänge gesichts- und konturlos. Nichts, an dem man sich emotional einklinken, womöglich sogar Sympathien entwickeln könnte. Die Autorin lässt ihre Protagonisten Dinge sagen und tun, die unmöglich nur auf Grund einer schlechten Übersetzung aus dem Originaltext unverständlich bleiben.
Der Countdown soll einen Spannungsbogen bauen, schafft es aber nicht.
Die eigentlich weltweit angestoßene Umwandlung reduziert sich letztendlich auf einen nicht näher beschriebenen Flecken in Osteuropa. Dort befindet man sich mehr oder weniger im Krieg mit dem ominösen Norden.(verwirrend!) Als Gegenspieler fungieren abwechselnd paramilitärische Männerhorden, UNO-Truppen und saudische Akteure. (ebenfalls sehr verwirrend!)

Dieses Gefühl der Verwirrung bleibt die vorherrschende Empfindung beim Lesen dieses Buches, das stellenweise wirkt, als wäre es von einem (intelligenten?) Logarithmus zusammen geschustert worden. Nichts passt! Die vorsintflutlichen "Er sagt - Sie sagt - Dialoge", die arg konstruierten Artefakt-Zeichnungen und der nebulöse Schriftverkehr von Naomi Aldermann mit ihrem Anagramm Neil Adam Armon setzen dem Ganzen die Krone auf.

Eigentlich möchte man das Buch vorzeitig aus der Hand legen, aber irgendwie ist man doch gespannt, wie das Ganze zu einem finalen Showdown zusammen geführt werden soll, der dieses Buch zu dem preisgekrönten "großen gesellschaftskritischen Roman des 21.Jahrhunderts" (O-Ton Klappentext) werden lässt.
Die Ernüchterung ist riesengroß. Es gibt kein Finale! Nichts wird zu Ende erzählt!
Das schreit geradezu nach einer Fortsetzung, (die ich mir dann aber definitiv nicht antun werde!)

Irgendwann beim Schreiben hat Fr.Aldermann (oder Hr.Armon) die Lust und das Ziel aus den Augen verloren; was sie in ihrer Danksagung mehr oder weniger auch zugibt: "Manchmal denke ich, die Botschaft des Buches könnte allein mit diesen wenigen Fakten und Illustrationen erzählt werden."

Dem ist nichts hinzu zu fügen.

Vielleicht ist mein beschränkter Horizont einfach zu klein, um die Botschaft einer Professorin für kreatives Schreiben zu verstehen.

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Dienstag, 19. Juli 2016
Atemlos
Ich bin zu langsam.

Während ich noch an treffenden Formulierungen zur furchtbaren Tragödie in Nizza feile, fordern die nächsten breaking news meine volle Aufmerksamkeit.
Militärputsch in der Türkei!
Da ich mir (leider!) sicher bin, dass ich noch oft Gelegenheit haben werde, mich über terroristische Anschläge auszulassen, schnell ein paar Überlegungen zur türkischen Situation, bevor der nächste Wahnsinn über uns hereinbricht.

Die wichtigsten 2 Fragen gleich vorne weg:
- War es überhaupt ein Militärputsch? und
- Wem nützt dieses Spektakel?

Auch 3 Tage später bleibt die ganze Geschichte unübersichtlich. Zweifellos hat es bewaffnete Auseinandersetzungen mit hunderten Toten gegeben. Doch die stümperhafte Art und Weise des Aufstandes und vor allem sein schnelles Ende lassen viele Fragen offen.
Normalerweise lassen sich bewaffnete Putschisten nicht von unbewaffneten Zivilisten zurück drängen.
Militärputsche werden gewöhnlich auch nicht von blutjungen Wehrdienstleistenden ausgeführt.
Und der türkische Geheimdienst will nichts gewußt haben?

Die Türkei ist Mitglied der NATO. Folgerichtig äußerte sich deren Generalsekretär Stoltenberg zu den Ereignissen. O-Ton:"Ich begrüße die starke Unterstützung des Volkes für die Demokratie und die demokratisch gewählte Regierung der Türkei."
Erstaunliche Wortwahl, ist die Türkei doch gerade auf dem besten Weg, ebendiese demokratische Legitimation zugunsten einer auf den amtierenden Regierungschef maßgeschneiderten Präsidialmacht zu verlieren.
Es bleibt ein ungutes Gefühl, wenn Lynchjustiz von (zufällig) vollbärtigen Männerhorden an sich ergebenden Soldaten als engagiertes Einschreiten für Demokratie und Rechtstaatlichkeit deklariert wird.

Ganz so überraschend kann die ganze Aktion aber gar nicht gewesen sein, waren die mutmaßlichen Putschisten und Strippenzieher doch sehr schnell benannt. An erster Stelle die Gülen-Bewegung.
Seit dem rollt eine beispiellose Verhaftungswelle durchs Land.
Tausende Militärs, Richter, Anwälte und Journalisten wurden in Gewahrsam genommen, über Zehntausend Staatsbedienstete fristlos entlassen.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier einer die Gunst der Stunde nutzt, um mal richtig gründlich durch zu wischen!
Erdogan selber bezeichnet den Putsch als "Geschenk Gottes", gäbe er ihm doch die Möglichkeit, die Armee einer "vollständigen Säuberung" zu unterziehen.
Anscheinend nicht nur die Armee!

Schon wird in seiner Ministerrunde über die Wiedereinführung der Todesstrafe nachgedacht!
Dass er damit (darin sind sich alle EU-Außenminister einig!) eine rote Linie überschreiten würde, die jede weitere Aufnahmeverhandlung ausschlösse, scheint einkalkuliert zu sein.

Erdogan pokert hoch! Mit seinen eigenen Landsleuten als Einsatz!

Wenn das mal gut geht!

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Samstag, 9. Juli 2016
Au Revoir
Die EM ist vorbei - jedenfalls für uns.
Ein paar grundsätzliche Erkenntnisse bleiben haften - man kann gegen Italien rausfliegen, selbst wenn man die Mannschaft besiegt hat, junge Talente sind am effektivsten auf'm Platz und Chips werden nicht gesünder wenn man sie mit Bier runterspült.
Wir werden sehen, ob ein CR7 gegen eine von Euphorie getragene Equipe Trikolore ausreicht. Hoffentlich nicht!

Viva la France!

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Sonntag, 29. Mai 2016
Warum machst du das?
Diese Frage stellte mir mein Vater vor ein paar Monaten. Telefonisch. Da er mitten am Tag anrief, rechnete ich fest mit einer familiären Hiobsbotschaft, da smalltalk a la "Wollte nur mal horchen, wie's dir geht?!" in meiner Sippe eigendlich nicht üblich ist.
Er hatte aber "nur" meinen blog entdeckt, gelesen, analysiert und die Notwendigkeit gesehen, mir die Quintessenz seines Verständnisses zeitnah um die Ohren zu hauen. Fairerweise muss ich eingestehen, dass die o.g. Frage erst im weiteren Verlauf des Gespräches fiel. Zuerst wurde in bester pädagogischer Manier gelobt "Schreibstil, Themenauswahl - alles super!" Dann kam das Aber - und ich war wieder ganz klein mit Hut.
Warum ausgerechnet ich, der ich so vehement gegen die intime Nabelschau in den sozialen Netzwerken wettere, so einen Seelenstriptease hinlege?!
Verglich er meine Beiträge ernsthaft mit sinnfreien Statusmeldungen wie "Heute ist mir die Straßenbahn vor der Nase weggefahren.", "Der Avocado-Smoothie in der Bar XY schmeckt voll der Hammer!" und "Weil es heute so kalt ist, gehe ich lieber nicht raus."? Ein bißchen mehr hatte ich doch schon zu bieten, oder? Und selbst wenn ich private Anekdoten als Aufhänger benutzte, achtete ich doch peinlich genau darauf, keine Namen zu nennen!
Obwohl ich selbst merkte, dass meine Erklärungsversuche ziemlich lahm daherkamen, gab sich mein Vater damit zufrieden und beendete das Gespräch mit einem pädagogisch vorbildlichen "Jedenfalls erkenne ich dich ganz klar in dem, was du schreibst. Mach's gut!"

Aber der Stachel war gesetzt. Und er piesackt mich immer noch!
Also gut. Dann tun wir mal Butter bei die Fische!
Was treibt mich an?

Seit einem guten Jahr (natürlich habe ich verpasst, pünktlich zum Jahrestag etwas zu schreiben!) bin ich auf diesem Portal unterwegs. Eigendlich ein guter Zeitpunkt, eine Art Zwischenbilanz zu ziehen. Habe ich meine Ziele erreicht? Tja, hatte ich den überhaupt welche? Mal sehen.
Ich wollte jeden Sonntag schreiben. Fehlanzeige! Manchmal habe ich wochenlang (so wie jetzt wieder) nichts zustande bekommen.
Ich wollte provokant und witzig sein. Ich befürchte, dass es meistens nur zu eiem zynisch-moralischen Zeigefinger gereicht hat.
Ich wollte etwas anbieten - meine eigene Meinung. Hab' ich.
Und ich wollte (und das ist wohl meine Hauptmotivation gewesen!) etwas zurück bekommen. Feedback. Input. Kontroverse Argumente. Was das betrifft, halte ich es mit der Titanic - ich bin auf den Eisberg geknallt und saufe langsam ab. Die Kapelle spielt zwar noch, aber die SOS-Signale verhallen ungehört. Keine Resonanz!
Ehrlich gesagt nagt das gewaltig an meinem Selbstwertgefühl! Aber warum eigendlich? Ich definiere mich doch nicht durch die Wahrnehmung der Anderen. Oder doch?
Schwierige Frage. Ich glaube, in diesem Fall kann es nicht schaden, ein wenig weiter auszuholen.

Wir Menschen sind kommunikative Herdentiere. Im Laufe der Jahrtausende hat sich herauskristallisiert, dass ein gruppendienliches Verhalten evolutionäre Vorteile gegenüber einem Einzelgängerdasein bietet. Während herausragende Fähigkeiten zum Wohle der ganzen Gruppe eingesetzt werden konnten, hatte man gleichzeitig die Gewißheit, dass eigene Unzulänglichkeiten und Defizite durch die selbe Gruppe aufgefangen und kompensiert wurden. Das führte zu einer starken Individualentwicklung bei gleichzeitiger erhöhter Gruppenkompatibilität. Dazu war es aber unabdingbar, den eigenen Status innerhalb der Gruppe permanent zu überprüfen. Nur wer wußte, wo sein Platz war, konnte sich optimal einbringen.
Und hat sich daran irgendetwas geändert? Nein!

Mehr denn je versuchen wir angestrengt herauszufinden, wo wir stehen - innerhalb der Gruppe, der Gesellschaft, des Universums. OK, den letzten Punkt kann man bei vielen Zeitgenossen ausklammern; so weit reicht die angeborene Neugier dann doch nicht!

Ein wichtiger Faktor bei der individuellen Standortbestimmung ist zweifelsfrei die Fähigkeit der realistischen Selbsteinschätzung. Wer hier ruhigen Gewissens ein Bienchen auf die Checkliste setzen kann, hat schon mal einen Vorteil. Wenn sein Handeln dann auch noch von Außenstehenden positiv bewertet wird, steht seinem Wunsch, einen seinem Stellenwert entsprechenden Platz in der Gesellschaft einzunehmen, eigendlich nichts mehr im Wege.

Diese sich verstärkende Wirkung innerer und äußerer Wahrnehmung funktioniert natürlich auch im negativen Sinne. Wenn ich selbst schon überzeugt bin, nichts wert zu sein, reicht die kleinste Andeutung, dass ich mit dieser Einschätzung nicht ganz falsch läge, um eine Katastrophe auszulösen. Den daraus entstehenden Fatalismus kann man sogar so weit kultivieren, dass ein Entkommen aus dieser verheerenden Spirale nahezu unmöglich erscheint.

Was aber passiert, wenn sich innere und äußere Wahrnehmung krass unterscheiden? Suche ich dann den Fehler zuerst bei mir? Oder scheiße ich auf die äußere Wahrnehmung?!
Ich denke, wenn das Ungemach aus einer weit entfernten, womöglich sogar anonymen, Ecke kommt, kann man sie getrost ignorieren. Ob mangagirl, mullewap17 oder der besserwisser mit mir einer Meinung sind, kann mir schnurzpiepegal sein. Bei Menschen, die ich kenne, die ich respektiere, die ich sogar liebe, sieht die Sache schon anders aus. Da will ich ja dazu gehören! Da ist jede einzelne Meinung extrem wichtig!

Womit wir wieder am Ausgangspunkt wären. Warum sollte mir die Meinung völlig unbekannter Leute wichtig sein? Vieleicht sind ja Klaus' Gedanken eher die einer übergewichtigen Hausfrau und Birgit die Starke in Wirklichkeit ein pickliger Gymnasiast?
Wen interessiert's?!
Vieleicht bin ich ja auch nur eine neuartige Kommunikationssoftware, die zu Erprobungszwecken auf die Menschheit losgelassen wurde?
Wer weiß schon, wer oder was sich hinter all den Fantasienamen verbirgt?

Aber egal ob unsere Beiträge banal oder tiefsinnig, lächerlich oder erheiternd, überflüssig oder informativ sind; sie wurden (so hoffe ich!) in dem Bestreben niedergeschrieben, dass sich irgendjemand da draußen darin wiederfindet und damit indentifiziert, sie womöglich als Puzzlestein in die eigene Persönlichkeitsstruktur einbaut.

Aber vieleicht ist ja auch alles viel trivialer und ich interpretiere viel zu viel hinein - wieder mal.

Warum mache ich das?

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Sonntag, 8. Mai 2016
Verkündigung an das Volk
Seine Durchlaucht Seehofer I., Sonnenkönig des Freistaates Bayern, gibt bekannt:

Da sich die derzeitige Regierung in Berlin hartnäckig weigert, die mit Gottes Segen (und damit einzig vernünftigen) legitimierten Wünsche unsererseits zur Völle und Gänze zu erfüllen, sehen sich dero Gnaden genötigt, das gemeine Volk bei der nächsten Bundestagswahl mit einem eigenen Wahlprogramm zu verschrecken, Äh!...zu beglücken!

Dies ist eindeutig (nicht!) als Drohung an die Schwesterpartei zu werten, sondern als Denkanstoß, zu den Wurzeln einer werte-konservativen Mitte-Rechts-Politik zurück zu kehren.

Ein Blick zu unseren europäischen Nachbarn belegt eindeutig, dass die links-liberale Flüchtlingspolitik der Kanzlerin gescheitert ist.

Statt die uns zustehende (Wort-)Führerschaft in Europa auszuüben, lassen wir uns an der Nase herumführen.

Die ekelhaften Anbiederungsversuche an diesen türkischen Erenschan, oder wie der heißt, haben nichts mit einer strammen national-völkischen Leitkultur zu tun, die allein uns in Zukunft vor Überfremdung und Sozialschmarotzertum schützen kann.

Als letztes Druck-..Äh!...Überzeugungsmittel behalte ich mir vor, den Wahlkampf auf ganz Deutschland auszuweiten.

Wir haben lange genug geschwiegen!

Entweder übersiedelt die Regierung nach München, oder ich komme nach Berlin!

P.S.: Angie, du machst einen ganz tollen Job!

Dein Horst

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