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Montag, 15. Februar 2016
Lieber Staat
dorn im auge, 20:15h
Mit dem Alter kommt die Weisheit. Wobei Alter ein relativer Begriff ist und Weisheit eine sehr subjektive Note besitzt.
Da ich mir nicht anmaße, für andere Leute zu sprechen, geht es wieder mal nur um meine eigene Gefühlslage.
Ich bin verunsichert!
In meinen 45 Lebensjahren habe ich mir aus DDR-typischer Allgemeinbildung, marktwirtschaftlichem Arbeitsalltag, idealistischen Philosophie-Träumereien und selbst verschuldeten privaten Rückschlägen ein Lebensmodell zusammen gezimmert.
Meine Weisheit!
Man entwickelt sich ja schließlich weiter.
Aber es passt nicht!
Mit diesem Modell komme ich offensichtlich nicht weiter!
In dem Glauben erzogen, dass eine gerechte und humanistische Gesellschaftsordnung ausreichende Argumente besitzt, um sich dem Volk als einzig vernünftige Alternative zu präsentieren, muß ich seit Jahren ohnmächtig mit ansehen, wie sich der Raubtier-Kapitalismus hartnäckig weigert, endlich zu kollabieren.
Ganz im Gegenteil!
Obwohl uns täglich vor Augen geführt wird, dass der derzeitige markt-liberale Verdrängungswettbewerb westlicher Prägung kein einziges der aktuellen Krisenthemen lösen kann, hält sein Siegeszug unvermindert an.
Warum?
Lagen Marx und Engels vieleicht doch falsch?
Ist der Kapitalismus so anpassungsfähig geworden, dass er den gesetz-mäßigen zyklischen Hochs und Tiefs widerstehen kann?
Oder kommt der große Knall noch?
Was das bedeutet, dürfte jedem klar sein - KRIEG!
An weltweitem Anschauungsmaterial fehlt es ja zur Zeit nicht.
Während sich Diplomaten in zermürbendem Klein-Klein um minimale Kompromisse verschleißen, schwingen populistische Demagogen erfolgreich die martialische Keule.
Nicht lange nachdenken - imma feste druff!
Zurück rudern kann man später immer noch!
Kriegsrethorik ist wieder salonfähig geworden, wobei sich die intellektuelle Substanz derselben nur unwesentlich von dem Bierdeckel unterscheidet, auf dem sie offenbar entstanden ist.
Was z.B. im US-amerikanischen Wahlkampf abgeht, läßt die AfD-
Krakeler wie Chorknaben aussehen.
Und wir reden hier vom angeblich zivilisierten demokratischen Teil unserer Welt! Wir reden von Auswüchsen, über die Bewohner von Bürgerkriegsländern nur müde lächeln würden, wenn sie dazu überhaupt noch in der Lage wären.
Wir stehen an einer historischen Weggabelung.
War der Versuch, eine Gesellschaftsordnung aufzubauen, die dem Naturgesetz "FRESSEN UND GEFRESSEN WERDEN" widerspricht, eine Sackgasse?
Haben DIE ÄRZTE recht, wenn sie im Song "El Cativo" ihrem Schurken die Worte in den Mund legen "Das Böse siegt immer!"?
War die Zeitspanne, in der wir die Knochenkeule gegen ein Sturm-
gewehr tauschten doch zu kurz, um archaische Überlebens-strategien abzulegen?
Eine Gesellschaft aufzubauen, in der das Gemeinwohl an oberster Stelle steht, ist ja nicht grundsätzlich falsch. Klappt bei Ameisen prima. Jeder hat seinen festen Platz, den er ohne groß nachzudenken ausfüllt. Nur in Zeichentrickfilmen kann es vorkommen, dass ein aufmüpfiger Sonderling aus dem Verband ausschert und seinen persönlichen Stellenwert hinterfragt.
Wir Menschen tun das unentwegt.
Obwohl man uns permanent einreden will, dass wir uns als Teil des großen Ganzen und als Rädchen im Getriebe betrachten sollen, bleiben wir doch Individuen mit persönlichen Träumen und Bedürfnissen. Und ein paar fiesen Eigenschaften, die uns eigentlich daran hindern müßten, als gesellige Herdentiere durch's Leben zu trotten.
So lange unsere Bedürfnisse befriedigt werden, sind wir eigendlich ganz verträglich. Doch wehe, jemand bricht in unseren kleinen Kosmos ein!
Wir sind nicht umsonst die beherrschende Spezies auf diesem Planeten. Mit der uns eigenen Gnadenlosigkeit und Effizienz bekämpfen wir jeden wahren und vermeindlichen Feind. Wird gerade im aktuellen Kinofilm "Die 5. Welle" thematisiert.(tolle Idee - sterbens-langweilige Umsetzung!)
Der Stärkere gewinnt! Das war schon immer so. Da wir als Menschen aber alles hinterfragen müssen, wurde auch dieses Naturgesetz zur Disposition gestellt. Und siehe da!
Endlich hatten wir einen Punkt gefunden, an dem wir uns von unserer tierischen Vergangenheit lösen konnten.
Wir setzten das Gesetz außer Kraft!
Jeder sollte sich nach seinem Gusto entfalten dürfen. Gewaltanwendung als Mittel der Konfliktlösung sollte aus den zwischenmenschlichen und zwischenstaatlichen Beziehungen verschwinden.
Nobel gedacht, aber wider die Natur!
Wenn's hart auf hart kommt, bevorzugen wir nun mal den Erstschlag statt der "die andere Wange hinhalten"-Strategie.
Das war auch allen beteiligten Akteuren klar. Also wurden die neuen Verhaltensrichtlinien in Stein gemeißelt.
FRIEDEN stand ganz oben auf dem diplomatischen Wunschzettel.
Wurde so lange aufrecht erhalten, wie sich zwei waffenstarrende Militärbündnisse gegenseitig in Schach hielten.
In beiden deutschen Staaten übertrug das Volk seinen Schutz und dessen Durchsetzung ganz auf die staatlichen Justiz- und Exekutiv-organe. Was in der DDR bedeutete, den Machtanspruch der SED zu zementieren. Das Gewaltmonopol in der Hand einer einzigen Partei und der ihr untergebenen Sicherheitsorgane widersprach jeglichem Demokratieverständnis.
In der BRD wurde das Gewaltmonopol per Grundgesetz dem Staat zugeschrieben, der durch regelmäßige wirkliche Wahlen als Vollstrecker immer neuer möglichen politischen Zusammensetzungen fungiert.
Und damit wäre ich wieder bei meiner ursprünglichen Verunsicherung.
Wie stehe ich den nun zu diesem Staat?
Als ich neulich Klaus' Gedanken kommentierte, wo es darum ging, dass eine Unterstützung der Merkel-Regierung ja auch eine Tolerierung der verbalen Aussetzer eines Horst Seehofer beinhaltet, war ich mir noch sicher, mit meiner Kontra-Haltung auf der richtigen Seite zu sein.
Dieses Gesellschaftsmodell ist nicht zukunftsfähig!
Andererseits bin ich mir durchaus bewußt, welche verheerenden Auswirkungen ein Zusammenbruch nach sich ziehen würde.
Es trifft immer die Falschen und die Revolution frisst ihre Kinder!
Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass ein erneuter Modell-wechsel so gewaltlos wie 1990 über die Bühne gehen würde!
Das weiß wahrscheinlich auch Die Linke in Deutschland. Es würde zumindest ihre zurückhaltende Wortführerschaft erklären, obwohl doch alle Zeichen auf Sturm stehen.
Verdammt!
Wir brauchen gerade jetzt einen starken handlungsfähigen deutschen Staat.
Wir können nicht tolerieren, dass sich in unserem Land Parallelgesell-schaften mit eigener Rechtsprechung etablieren, dass Scharia-Milizen durch die Straßen patrouillieren, dass arabische Großfamilien no-go-areas einrichten und Extremisten jeglicher Couleur ihr Unwesen treiben!
Wenn Polizisten nicht trotz, sondern wegen ihrer Dienstmarke angegriffen werden, sind wir auf dem Weg zu einem schwachen Staat.
Laut wikipedia kann ein schwacher Staat die als notwendig für das Staats- und Gemeinwohl erachteten Aufgaben und Verpflichtungen gegenüber seinen Bürgern nur noch in einem unzureichenden Maße erfüllen.
Na Prima!
Da bin ich Weichei wahrscheinlich der Erste, der unter die Räder kommt!
Bleibt also meine bittere Erkenntnis, dass es im Moment keine Alternative zu Mutti's konservativem Regierungsstil gibt.
Es sei denn, Frau Wagenknecht verläßt ihre Lafontaine'sche Wohlfühloase und zeigt mir einen Weg, wie es besser gehen könnte.
Da ich mir nicht anmaße, für andere Leute zu sprechen, geht es wieder mal nur um meine eigene Gefühlslage.
Ich bin verunsichert!
In meinen 45 Lebensjahren habe ich mir aus DDR-typischer Allgemeinbildung, marktwirtschaftlichem Arbeitsalltag, idealistischen Philosophie-Träumereien und selbst verschuldeten privaten Rückschlägen ein Lebensmodell zusammen gezimmert.
Meine Weisheit!
Man entwickelt sich ja schließlich weiter.
Aber es passt nicht!
Mit diesem Modell komme ich offensichtlich nicht weiter!
In dem Glauben erzogen, dass eine gerechte und humanistische Gesellschaftsordnung ausreichende Argumente besitzt, um sich dem Volk als einzig vernünftige Alternative zu präsentieren, muß ich seit Jahren ohnmächtig mit ansehen, wie sich der Raubtier-Kapitalismus hartnäckig weigert, endlich zu kollabieren.
Ganz im Gegenteil!
Obwohl uns täglich vor Augen geführt wird, dass der derzeitige markt-liberale Verdrängungswettbewerb westlicher Prägung kein einziges der aktuellen Krisenthemen lösen kann, hält sein Siegeszug unvermindert an.
Warum?
Lagen Marx und Engels vieleicht doch falsch?
Ist der Kapitalismus so anpassungsfähig geworden, dass er den gesetz-mäßigen zyklischen Hochs und Tiefs widerstehen kann?
Oder kommt der große Knall noch?
Was das bedeutet, dürfte jedem klar sein - KRIEG!
An weltweitem Anschauungsmaterial fehlt es ja zur Zeit nicht.
Während sich Diplomaten in zermürbendem Klein-Klein um minimale Kompromisse verschleißen, schwingen populistische Demagogen erfolgreich die martialische Keule.
Nicht lange nachdenken - imma feste druff!
Zurück rudern kann man später immer noch!
Kriegsrethorik ist wieder salonfähig geworden, wobei sich die intellektuelle Substanz derselben nur unwesentlich von dem Bierdeckel unterscheidet, auf dem sie offenbar entstanden ist.
Was z.B. im US-amerikanischen Wahlkampf abgeht, läßt die AfD-
Krakeler wie Chorknaben aussehen.
Und wir reden hier vom angeblich zivilisierten demokratischen Teil unserer Welt! Wir reden von Auswüchsen, über die Bewohner von Bürgerkriegsländern nur müde lächeln würden, wenn sie dazu überhaupt noch in der Lage wären.
Wir stehen an einer historischen Weggabelung.
War der Versuch, eine Gesellschaftsordnung aufzubauen, die dem Naturgesetz "FRESSEN UND GEFRESSEN WERDEN" widerspricht, eine Sackgasse?
Haben DIE ÄRZTE recht, wenn sie im Song "El Cativo" ihrem Schurken die Worte in den Mund legen "Das Böse siegt immer!"?
War die Zeitspanne, in der wir die Knochenkeule gegen ein Sturm-
gewehr tauschten doch zu kurz, um archaische Überlebens-strategien abzulegen?
Eine Gesellschaft aufzubauen, in der das Gemeinwohl an oberster Stelle steht, ist ja nicht grundsätzlich falsch. Klappt bei Ameisen prima. Jeder hat seinen festen Platz, den er ohne groß nachzudenken ausfüllt. Nur in Zeichentrickfilmen kann es vorkommen, dass ein aufmüpfiger Sonderling aus dem Verband ausschert und seinen persönlichen Stellenwert hinterfragt.
Wir Menschen tun das unentwegt.
Obwohl man uns permanent einreden will, dass wir uns als Teil des großen Ganzen und als Rädchen im Getriebe betrachten sollen, bleiben wir doch Individuen mit persönlichen Träumen und Bedürfnissen. Und ein paar fiesen Eigenschaften, die uns eigentlich daran hindern müßten, als gesellige Herdentiere durch's Leben zu trotten.
So lange unsere Bedürfnisse befriedigt werden, sind wir eigendlich ganz verträglich. Doch wehe, jemand bricht in unseren kleinen Kosmos ein!
Wir sind nicht umsonst die beherrschende Spezies auf diesem Planeten. Mit der uns eigenen Gnadenlosigkeit und Effizienz bekämpfen wir jeden wahren und vermeindlichen Feind. Wird gerade im aktuellen Kinofilm "Die 5. Welle" thematisiert.(tolle Idee - sterbens-langweilige Umsetzung!)
Der Stärkere gewinnt! Das war schon immer so. Da wir als Menschen aber alles hinterfragen müssen, wurde auch dieses Naturgesetz zur Disposition gestellt. Und siehe da!
Endlich hatten wir einen Punkt gefunden, an dem wir uns von unserer tierischen Vergangenheit lösen konnten.
Wir setzten das Gesetz außer Kraft!
Jeder sollte sich nach seinem Gusto entfalten dürfen. Gewaltanwendung als Mittel der Konfliktlösung sollte aus den zwischenmenschlichen und zwischenstaatlichen Beziehungen verschwinden.
Nobel gedacht, aber wider die Natur!
Wenn's hart auf hart kommt, bevorzugen wir nun mal den Erstschlag statt der "die andere Wange hinhalten"-Strategie.
Das war auch allen beteiligten Akteuren klar. Also wurden die neuen Verhaltensrichtlinien in Stein gemeißelt.
FRIEDEN stand ganz oben auf dem diplomatischen Wunschzettel.
Wurde so lange aufrecht erhalten, wie sich zwei waffenstarrende Militärbündnisse gegenseitig in Schach hielten.
In beiden deutschen Staaten übertrug das Volk seinen Schutz und dessen Durchsetzung ganz auf die staatlichen Justiz- und Exekutiv-organe. Was in der DDR bedeutete, den Machtanspruch der SED zu zementieren. Das Gewaltmonopol in der Hand einer einzigen Partei und der ihr untergebenen Sicherheitsorgane widersprach jeglichem Demokratieverständnis.
In der BRD wurde das Gewaltmonopol per Grundgesetz dem Staat zugeschrieben, der durch regelmäßige wirkliche Wahlen als Vollstrecker immer neuer möglichen politischen Zusammensetzungen fungiert.
Und damit wäre ich wieder bei meiner ursprünglichen Verunsicherung.
Wie stehe ich den nun zu diesem Staat?
Als ich neulich Klaus' Gedanken kommentierte, wo es darum ging, dass eine Unterstützung der Merkel-Regierung ja auch eine Tolerierung der verbalen Aussetzer eines Horst Seehofer beinhaltet, war ich mir noch sicher, mit meiner Kontra-Haltung auf der richtigen Seite zu sein.
Dieses Gesellschaftsmodell ist nicht zukunftsfähig!
Andererseits bin ich mir durchaus bewußt, welche verheerenden Auswirkungen ein Zusammenbruch nach sich ziehen würde.
Es trifft immer die Falschen und die Revolution frisst ihre Kinder!
Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass ein erneuter Modell-wechsel so gewaltlos wie 1990 über die Bühne gehen würde!
Das weiß wahrscheinlich auch Die Linke in Deutschland. Es würde zumindest ihre zurückhaltende Wortführerschaft erklären, obwohl doch alle Zeichen auf Sturm stehen.
Verdammt!
Wir brauchen gerade jetzt einen starken handlungsfähigen deutschen Staat.
Wir können nicht tolerieren, dass sich in unserem Land Parallelgesell-schaften mit eigener Rechtsprechung etablieren, dass Scharia-Milizen durch die Straßen patrouillieren, dass arabische Großfamilien no-go-areas einrichten und Extremisten jeglicher Couleur ihr Unwesen treiben!
Wenn Polizisten nicht trotz, sondern wegen ihrer Dienstmarke angegriffen werden, sind wir auf dem Weg zu einem schwachen Staat.
Laut wikipedia kann ein schwacher Staat die als notwendig für das Staats- und Gemeinwohl erachteten Aufgaben und Verpflichtungen gegenüber seinen Bürgern nur noch in einem unzureichenden Maße erfüllen.
Na Prima!
Da bin ich Weichei wahrscheinlich der Erste, der unter die Räder kommt!
Bleibt also meine bittere Erkenntnis, dass es im Moment keine Alternative zu Mutti's konservativem Regierungsstil gibt.
Es sei denn, Frau Wagenknecht verläßt ihre Lafontaine'sche Wohlfühloase und zeigt mir einen Weg, wie es besser gehen könnte.
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Samstag, 30. Januar 2016
Man wird doch wohl noch...
dorn im auge, 00:13h
...sagen dürfen, was man denkt!
Klar darf man! In Deutschland sogar gesetzlich garantiert. Außerdem impliziert diese leicht trotzige Rechtfertigung ja, dass man vorher gedacht/nachgedacht hat. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer!
So manche tonale Absonderung läßt stark bezweifeln, dass der Betreffende die gefurchte Masse zwischen seinen Ohren benutzt hat. Oder noch schlimmer, dass trotz intensiver Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Synapsen nichts besseres dabei herauskam, als ein durchschnittlicher "BILD"-Artikel - Schlagworte, Halbwahrheiten und Parolen. Immer getreu der Devise:"Großflächig Gift versprühen und dann abwarten, wer getroffen aufheult!". Oder man treibt es auf die Spitze und gibt bestimmte Personen zum medialen Abschuß frei.
Diese hinterhältige Art und Weise, vermeintliche Gegner ins Abseits zu stellen, ist beileibe kein Kind der Neuzeit. Was früher romantisierend als Intrige oder Ränkelspiel bezeichnet wurde, feiert heute als mobbing, shitstorm und hatespeech fröhliche Auferstehung.
Die Anzahl derer, die sich offensichtlich keine Gedanken darüber machen, was ihre Wortentgleisungen für Konsequenzen haben könnten, ist wirklich erschreckend. Ebenso erschreckend wie die "Qualität" der rhetorischen Rundumschläge und das sinkende Alter der Protagonisten.
Was ich z.B. neulich in der Umkleidekabine unserer E-Jugend zu hören kriegte, ließ mir nicht nur die Kinnlade nach unten sacken. Wenigstens hatten die Jungs den Anstand, einen roten Kopf zu bekommen, als ich etwas direkter nachhakte, ob sie wirklich wüßten, was sie da gerade von sich gegeben hätten.
Die verheerende Bereitschaft, vermeintliche Fakten ungefiltert und sekundenschnell weiter zu verbreiten, beginnt im Schulalter. Die kleinste Andeutung reicht, um Mitschüler und Lehrer in kürzester Zeit an den öffentlichen Pranger zu stellen. Dass einige der Betroffenen diesem Druck der öffentlichen Zurschaustellung nicht gewachsen sind, so dass die Flucht aus der Schule, oder im schlimmsten Fall aus dem Leben, als einzige Rettung angesehen werden, wird dabei in Kauf genommen.
Fehlendes Unrechtsbewußtsein, der kollektive Zwang, immer "up to date" zu sein, gepaart mit den technischen Möglichkeiten unserer vernetzten Welt, bereiten den Nährboden für Verleumdung und Vorverurteilung. Ob der Wahrheitsgehalt vermeintlicher "Fakten" einer späteren Überprüfung standhält, spielt dabei keine Rolle. Shit happens!
Doch welche Faktoren spielen noch eine Rolle, um aus einem geltungssüchtigen Pennäler einen späteren Pegida-Mitläufer zu machen, der nicht in der Lage ist, mit eigenen Worten zu beschreiben, was er gerade lautstark skandiert hat?
Der Drang nach Wissen ist eigentlich eine löbliche Eigenschaft. Wenn sich dieser Wissensdrang allerdings ausschließlich auf die Bereiche Skandal, Sexualverhalten meines Nachbarn oder Klatsch und Tratsch aus der Welt der Reichen und Schönen beschränkt, verabschiedet sich das Individuum aus der Gemeinschaft vernunftbegabter Wesen.
Nichts gegen investigativen Journalismus! Schwere Verfehlungen aus Politik und Wirtschaft gehören natürlich ans Licht der Welt gebracht!
Aber wen interssiert es, ob Popsternchen A Cellulite, Prominenter B eine heimliche Geliebte oder Politiker C eine anders gelagerte sexuelle Präferenz hat?! Und muss dieses unnütze Wissen tausendfach geposted, geliked und getwittert werden? (Dass ich sowas mal schreiben würde!?)
Was passiert, wenn diese kommunikative Verbreitungsmentalität auf tagespolitisch relevante Themen prallt?
In Berlin gab es jüngst dazu zwei typische Beispiele.
Der 1.Fall betraf ein 13-jähriges russisch-stämmiges Mädchen, dass ausgesagt hatte, von arabischen Männern festgehalten und vergewaltigt worden zu sein. Weil während der Befragung des Mädchens einige Ungereimtheiten zum Tathergang zu Tage traten, entschied sich die Berliner Polizei, aus Rücksicht auf laufende Ermittlungen und die Persönlichkeitsrechte des Mädchens, nicht weiter von Vergewaltigung zu sprechen. "Lüge! Vertuschung!", schrie die aufgebrachte russische community und entfachte einen medialen Dauersturm, der sogar den russischen Außenminister auf den Plan rief.
(Während ich das hier schreibe, trudelt die Meldung herein, dass sich das Mädchen die komplette Geschichte ausgedacht hat, um ihr Fernbleiben von Zuhause zu rechtfertigen.)
Der 2.Fall betraf einen syrischen Flüchtling, der wegen der unzumutbaren Bedingungen am Berliner LAGESO verstorben war. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Der Verein "Moabit hilft" und die Berliner Grünen spannten sich freiwillig mit breiter Brust vor den Karren und verkündeten, dass so ein Vorfall nur eine Frage der Zeit war und nun Köpfe rollen müßten. Die Betroffenheitsmaschinerie war noch gar nicht richtig ins Rollen geraten, als man kleinlaut eingestehen mußte, dass der vermeintliche Tote ein Fantasieprodukt eines offensichtlich überforderten Flüchtlingshelfers war.
SO WIRD POLITIK GEMACHT!
Warum soll man sich mit langwieriger Ermittlungsarbeit befassen, wenn die "Wahrheit" für alle nachvollziehbar quasi auf der Hand liegt?
Und warum sollte man diesen Erkenntnissgewinn nicht mit anderen teilen dürfen? Dann brauchen die sich doch nicht erst mühsam in die Materie einarbeiten!
Einfache Antworten sind für einfache Menschen. Aber die heutige Welt ist nicht einfach! Sie ist hoch kompliziert und komplex.
Wer für schwierige gesellschaftliche Probleme einfache Lösungen parat hält, ist entweder ein Genie oder ein Demagoge. Wenn ich mir die Redner bei Pegida und AfD ansehe, fällt mir kein Grund ein, sie der ersten Gruppe zuzuordnen.
Und was ist mit den mobilisierten Massen, die mit glänzenden Augen auf die Rednerpulte starren,weil sie glauben, da vorn stünde Einer, der endlich das ausspricht, was man selber schon die ganze Zeit gedacht hat? Verhalten sie sich im normalen Alltagsleben genauso? Verhindern sie dort drohende Diskussionen auch, indem sie ihrem Gegenüber von vornherein jegliche Legitimation absprechen, so wie bei ihren montäglichen "Lügenpresse! Lügenpresse!"-Ritualen?
Wer sich ungefragt zu Wort meldet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass seine Äußerungen zwar vom Gesetz zur Meinungsfreiheit gestattet sind, er aber trotzdem wegen daraus entstehenden Konsequenzen zur Rechenschaft gezogen werden kann! So wie wir alle auf diesem Portal, die der Meinung sind, dass ihre geistigen Ergüsse irgendeine Relevanz für die Gesellschaft haben.
Jeder darf sagen, dass er die Band X und den Fußballverein XY Scheiße findet, oder dass er mit der Politik von XYZ nicht einverstanden ist, dass er mit Muslimen genauso wenig etwas anfangen kann wie mit Veganern und dass er beim Anblick von Dieter Bohlen am liebsten seinen Fernseher zerkloppen würde.
Aber niemals, NIEMALS, sollte man sich dazu hinreißen lassen, seine eigene Meinung als alleingültig zu postulieren und allen, die anderer Meinung sind, psychische und physische Gewalt anzudrohen!
Das beginnt mit mobbing in der Schule oder auf Arbeit, und endet mit Morddrohungen gegen ungeliebte Politiker und Journalisten.
Und jeder, der seinen "Find ich gut!"-Button unter ein "Dem müßte mal die Fresse poliert werden!" setzt, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann Besuch vom Staatsanwalt erhält.
Die Berliner Zeitung ist jetzt (ENDLICH!) diesen Weg gegangen und hat angekündigt, jegliche weiteren Gewaltandrohungen gegen seine Journalisten zur Anzeige zu bringen. Diese hatten sich nämlich "erdreistet", den offiziellen Sprachgebrauch der Berliner Polizei zu o.g. Fällen zu übernehmen und sahen sich darauf hin mit Morddrohungen anonymer facebook-user konfrontiert.
Der Hase Klopfer aus dem Disney-Film "Bambi" hat es schön auf den Punkt gebracht:"Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, soll man den Mund halten."
Der Berliner in mir drückt es etwas direkter aus:" Wenn'de keene Ahnung hast - einfach ma' Fresse halt'n !"
Klar darf man! In Deutschland sogar gesetzlich garantiert. Außerdem impliziert diese leicht trotzige Rechtfertigung ja, dass man vorher gedacht/nachgedacht hat. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer!
So manche tonale Absonderung läßt stark bezweifeln, dass der Betreffende die gefurchte Masse zwischen seinen Ohren benutzt hat. Oder noch schlimmer, dass trotz intensiver Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Synapsen nichts besseres dabei herauskam, als ein durchschnittlicher "BILD"-Artikel - Schlagworte, Halbwahrheiten und Parolen. Immer getreu der Devise:"Großflächig Gift versprühen und dann abwarten, wer getroffen aufheult!". Oder man treibt es auf die Spitze und gibt bestimmte Personen zum medialen Abschuß frei.
Diese hinterhältige Art und Weise, vermeintliche Gegner ins Abseits zu stellen, ist beileibe kein Kind der Neuzeit. Was früher romantisierend als Intrige oder Ränkelspiel bezeichnet wurde, feiert heute als mobbing, shitstorm und hatespeech fröhliche Auferstehung.
Die Anzahl derer, die sich offensichtlich keine Gedanken darüber machen, was ihre Wortentgleisungen für Konsequenzen haben könnten, ist wirklich erschreckend. Ebenso erschreckend wie die "Qualität" der rhetorischen Rundumschläge und das sinkende Alter der Protagonisten.
Was ich z.B. neulich in der Umkleidekabine unserer E-Jugend zu hören kriegte, ließ mir nicht nur die Kinnlade nach unten sacken. Wenigstens hatten die Jungs den Anstand, einen roten Kopf zu bekommen, als ich etwas direkter nachhakte, ob sie wirklich wüßten, was sie da gerade von sich gegeben hätten.
Die verheerende Bereitschaft, vermeintliche Fakten ungefiltert und sekundenschnell weiter zu verbreiten, beginnt im Schulalter. Die kleinste Andeutung reicht, um Mitschüler und Lehrer in kürzester Zeit an den öffentlichen Pranger zu stellen. Dass einige der Betroffenen diesem Druck der öffentlichen Zurschaustellung nicht gewachsen sind, so dass die Flucht aus der Schule, oder im schlimmsten Fall aus dem Leben, als einzige Rettung angesehen werden, wird dabei in Kauf genommen.
Fehlendes Unrechtsbewußtsein, der kollektive Zwang, immer "up to date" zu sein, gepaart mit den technischen Möglichkeiten unserer vernetzten Welt, bereiten den Nährboden für Verleumdung und Vorverurteilung. Ob der Wahrheitsgehalt vermeintlicher "Fakten" einer späteren Überprüfung standhält, spielt dabei keine Rolle. Shit happens!
Doch welche Faktoren spielen noch eine Rolle, um aus einem geltungssüchtigen Pennäler einen späteren Pegida-Mitläufer zu machen, der nicht in der Lage ist, mit eigenen Worten zu beschreiben, was er gerade lautstark skandiert hat?
Der Drang nach Wissen ist eigentlich eine löbliche Eigenschaft. Wenn sich dieser Wissensdrang allerdings ausschließlich auf die Bereiche Skandal, Sexualverhalten meines Nachbarn oder Klatsch und Tratsch aus der Welt der Reichen und Schönen beschränkt, verabschiedet sich das Individuum aus der Gemeinschaft vernunftbegabter Wesen.
Nichts gegen investigativen Journalismus! Schwere Verfehlungen aus Politik und Wirtschaft gehören natürlich ans Licht der Welt gebracht!
Aber wen interssiert es, ob Popsternchen A Cellulite, Prominenter B eine heimliche Geliebte oder Politiker C eine anders gelagerte sexuelle Präferenz hat?! Und muss dieses unnütze Wissen tausendfach geposted, geliked und getwittert werden? (Dass ich sowas mal schreiben würde!?)
Was passiert, wenn diese kommunikative Verbreitungsmentalität auf tagespolitisch relevante Themen prallt?
In Berlin gab es jüngst dazu zwei typische Beispiele.
Der 1.Fall betraf ein 13-jähriges russisch-stämmiges Mädchen, dass ausgesagt hatte, von arabischen Männern festgehalten und vergewaltigt worden zu sein. Weil während der Befragung des Mädchens einige Ungereimtheiten zum Tathergang zu Tage traten, entschied sich die Berliner Polizei, aus Rücksicht auf laufende Ermittlungen und die Persönlichkeitsrechte des Mädchens, nicht weiter von Vergewaltigung zu sprechen. "Lüge! Vertuschung!", schrie die aufgebrachte russische community und entfachte einen medialen Dauersturm, der sogar den russischen Außenminister auf den Plan rief.
(Während ich das hier schreibe, trudelt die Meldung herein, dass sich das Mädchen die komplette Geschichte ausgedacht hat, um ihr Fernbleiben von Zuhause zu rechtfertigen.)
Der 2.Fall betraf einen syrischen Flüchtling, der wegen der unzumutbaren Bedingungen am Berliner LAGESO verstorben war. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Der Verein "Moabit hilft" und die Berliner Grünen spannten sich freiwillig mit breiter Brust vor den Karren und verkündeten, dass so ein Vorfall nur eine Frage der Zeit war und nun Köpfe rollen müßten. Die Betroffenheitsmaschinerie war noch gar nicht richtig ins Rollen geraten, als man kleinlaut eingestehen mußte, dass der vermeintliche Tote ein Fantasieprodukt eines offensichtlich überforderten Flüchtlingshelfers war.
SO WIRD POLITIK GEMACHT!
Warum soll man sich mit langwieriger Ermittlungsarbeit befassen, wenn die "Wahrheit" für alle nachvollziehbar quasi auf der Hand liegt?
Und warum sollte man diesen Erkenntnissgewinn nicht mit anderen teilen dürfen? Dann brauchen die sich doch nicht erst mühsam in die Materie einarbeiten!
Einfache Antworten sind für einfache Menschen. Aber die heutige Welt ist nicht einfach! Sie ist hoch kompliziert und komplex.
Wer für schwierige gesellschaftliche Probleme einfache Lösungen parat hält, ist entweder ein Genie oder ein Demagoge. Wenn ich mir die Redner bei Pegida und AfD ansehe, fällt mir kein Grund ein, sie der ersten Gruppe zuzuordnen.
Und was ist mit den mobilisierten Massen, die mit glänzenden Augen auf die Rednerpulte starren,weil sie glauben, da vorn stünde Einer, der endlich das ausspricht, was man selber schon die ganze Zeit gedacht hat? Verhalten sie sich im normalen Alltagsleben genauso? Verhindern sie dort drohende Diskussionen auch, indem sie ihrem Gegenüber von vornherein jegliche Legitimation absprechen, so wie bei ihren montäglichen "Lügenpresse! Lügenpresse!"-Ritualen?
Wer sich ungefragt zu Wort meldet, sollte sich darüber im Klaren sein, dass seine Äußerungen zwar vom Gesetz zur Meinungsfreiheit gestattet sind, er aber trotzdem wegen daraus entstehenden Konsequenzen zur Rechenschaft gezogen werden kann! So wie wir alle auf diesem Portal, die der Meinung sind, dass ihre geistigen Ergüsse irgendeine Relevanz für die Gesellschaft haben.
Jeder darf sagen, dass er die Band X und den Fußballverein XY Scheiße findet, oder dass er mit der Politik von XYZ nicht einverstanden ist, dass er mit Muslimen genauso wenig etwas anfangen kann wie mit Veganern und dass er beim Anblick von Dieter Bohlen am liebsten seinen Fernseher zerkloppen würde.
Aber niemals, NIEMALS, sollte man sich dazu hinreißen lassen, seine eigene Meinung als alleingültig zu postulieren und allen, die anderer Meinung sind, psychische und physische Gewalt anzudrohen!
Das beginnt mit mobbing in der Schule oder auf Arbeit, und endet mit Morddrohungen gegen ungeliebte Politiker und Journalisten.
Und jeder, der seinen "Find ich gut!"-Button unter ein "Dem müßte mal die Fresse poliert werden!" setzt, darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann Besuch vom Staatsanwalt erhält.
Die Berliner Zeitung ist jetzt (ENDLICH!) diesen Weg gegangen und hat angekündigt, jegliche weiteren Gewaltandrohungen gegen seine Journalisten zur Anzeige zu bringen. Diese hatten sich nämlich "erdreistet", den offiziellen Sprachgebrauch der Berliner Polizei zu o.g. Fällen zu übernehmen und sahen sich darauf hin mit Morddrohungen anonymer facebook-user konfrontiert.
Der Hase Klopfer aus dem Disney-Film "Bambi" hat es schön auf den Punkt gebracht:"Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, soll man den Mund halten."
Der Berliner in mir drückt es etwas direkter aus:" Wenn'de keene Ahnung hast - einfach ma' Fresse halt'n !"
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Montag, 18. Januar 2016
Wahrer Reichtum
dorn im auge, 18:35h
Neulich beim Abendbrot kam es zu folgendem Gespräch.
Sohn:"Sind wir reich?"
Ich:"Was heißt denn für dich reich?"
Sohn:"Na du weißt schon, eine Villa, eine Yacht, schnelle Autos, tolle Klamotten, viel Geld auf dem Konto."
Ich:"Wenn das deine Kriterien sind, kannst du dir die Frage auch selbst beantworten. Haben wir irgendwas davon?"
Das enttäuschte Gesicht meines Sohnes ließ mich schnell zurück rudern.
Ich:"Ist es denn so wichtig, ob wir reich sind? Wir haben ein Dach über'm Kopf, genug zu essen und ordentliche Klamotten. Wir können uns leisten, in's Kino zu gehen und im Ausland Urlaub zu machen.
Also, eigendlich sind wir schon reich, oder?"
Sohn:"Naja, nicht so richtig. Ist aber schon o.k. so."
Während für meinen Sohn das Thema schnell vergessen war, beschäftigte es mich noch eine ganze Weile. "Sind wir nun reich?"
Laut Wörterbuch ist ein Reicher ein Vermögender, Wohlhabener, Zahlungsfähiger, Millionär. Oha! Zwischen Zahlungsfähiger und Millionär ist aber viel Spielraum.
Bin ich reich, nur weil ich meine Rechnungen bezahlen kann? Wohl kaum!
Bin ich arm? Definitiv nicht!
Warum denke ich überhaupt in den Kategorien arm und reich? Was ist denn mit dem Mittelfeld? Ist Mittelschicht nicht mehr gut genug?
Sie war es! Momentan ist sie auf dem absteigenden Ast; in den USA seit 40 Jahren erstmals in der Minderheit. Was vor gar nicht langer Zeit das Rückgrat unserer Gesellschaft war, ist gerade dabei, seine privilegierte Stellung zu verlieren.
Wie eine Made zwischen Baum und Borke hängend, ist in der Mittelschicht die Wahrscheinlichkeit, als Morgensnack zu enden, größer als die Chance, die Metamorphose zum Schmetterling (zum Reichen!) zu überstehen.
Paradoxerweise gibt es aber immer mehr Schmetterlinge; größer und bunter als jemals zuvor.
Diese neue Gattung der Superschmetterlinge scheint den Erkenntnissen der Darwin'schen Evolutionstheorie zu widersprechen. Plötzlich waren sie da und vermehrten sich in einer Geschwindigkeit, die globale Ausmaße angenommen hat - die Gattung der Superreichen!
Die Statussymbole der "normal" reichen Oberschicht (Villa, Yacht, etc.) haben ihre Bedeutung verloren. Wer heute beim Einkaufen noch auf's Preisschild schaut, wird nur noch mitleidig belächelt. Ganz oben gibt es keine Preisschilder mehr! Alles ist käuflich.
Es gibt Menschen auf diesem Planeten, die ganze Volkswirtschaften aufkaufen könnten, wenn sie eine sinnvolle Verwendung dafür hätten.
Wenn Milliardäre die Hälfte ihres Vermögens in eine Stiftung geben können, um dann kurze Zeit später trotzdem wieder zu den Reichsten zu zählen, läuft etwas gewaltig schief.
Denn dieses ganze Geld muss ja irgendwo herkommen!
Die Hilfsorganisation Oxfam hat in einer heute veröffentlichten Studie festgestellt, dass die "globale Ungleichheitskrise außer Kontrolle" geraten ist.
"Das Vermögen der unteren Hälfte der Menschheit ist in den vergangenen fünf Jahren um mehr als eine Billion Dollar geschrumpft."
Gleichzeitig konnten die 62 reichsten Menschen der Welt ihr Vermögen um 542 Milliarden Dollar steigern.
Das hat zu der abartigen Konstellation geführt, dass diese 62 Superreichen genausoviel Vermögen besitzen, wie die ärmere Hälfte der Menschheit.
62 vs. 3.500.000.000 !!!
Ich gehöre (danke,danke,danke!) nicht zu der einen Gruppe; bin aber gleichzeitig Lichtjahre von der anderen entfernt.
Ist es also purer Neid, dass ich mit meiner vermögenstechnischen Stellung unzufrieden bin?
Ich glaube, es ist eher Angst. Angst, den Anschluß zu verpassen und irgendwann zwischen den Extremen zerrieben zu werden.
>>Durch ehrliche Arbeit ist noch keiner reich geworden!<<
Naja, sowas soll es auch geben. Aber wenn ich mir vor Augen halte, wodurch viele zu ihren ersten Millionen gekommen sind, fange ich an, an meinem Verstand zu zweifeln. Weil sie gut Fußball spielen können, mit einem Auto schnell im Kreis fahren, schön singen, Fragen richtig beantworten oder 6 Kreuze an die richtige Stelle setzen! Während Milchbauern, Friseusen und Hebammen keinen Fuß auf die Matte kriegen!
Und unsere Kinder kriegen die volle mediale Breitseite dieser Entwicklung ab. Sie können zwischen den Extremen wählen: "Die Ludolfs" oder "Die Geissens", "Die Aussiedler" oder "Das Dschungelcamp", "Fick dich hoch" oder "Kotz dich schlank".
Alles die selbe Soße!
Je höher die Summen sind, die durch den Äther kreisen, umso geringer die Wertschätzung.
Wenn ein Konzern seinen Gewinn "nur" um 500 Millionen steigern konnte, droht ihm eine Abstrafung am Aktienmarkt.
Wenn sich ein Großbauprojekt "etwas" verteuert, dann gleich um mehrere Milliarden.
Konnte nicht unser Finanzminister neulich erfreut verkünden, dass er sich bei den Steuereinnahmen um 6 Mrd Euro verschätzt hatte?
Wen interessieren denn heute noch Millionen?!
Die Relationen verschwinden.
Wenn ich meinen Kindern erkläre, dass 3000 Euro für eine Woche Urlaub eine Menge Geld sind, ernte ich verständnislose Blicke.
"Aber Thomas Müller verdient 12 Mio im Jahr."
"Kein Mensch "verdient" 12 Mio. Er bekommt sie einfach. Und außerdem bin ich nicht Thomas Müller!"
Ich will gar nicht reich sein. Sorgenfrei würde völlig reichen!
Wenn alles gut läuft, sind wir pünktlich zum Renteneintritt schuldenfrei. Wenn alles gut läuft!
Und bis dahin warten noch viele Gespräche mit meinen Kindern darauf, geführt zu werden.
Ich bin nämlich doch reich!
Durch meine Kinder!
Sohn:"Sind wir reich?"
Ich:"Was heißt denn für dich reich?"
Sohn:"Na du weißt schon, eine Villa, eine Yacht, schnelle Autos, tolle Klamotten, viel Geld auf dem Konto."
Ich:"Wenn das deine Kriterien sind, kannst du dir die Frage auch selbst beantworten. Haben wir irgendwas davon?"
Das enttäuschte Gesicht meines Sohnes ließ mich schnell zurück rudern.
Ich:"Ist es denn so wichtig, ob wir reich sind? Wir haben ein Dach über'm Kopf, genug zu essen und ordentliche Klamotten. Wir können uns leisten, in's Kino zu gehen und im Ausland Urlaub zu machen.
Also, eigendlich sind wir schon reich, oder?"
Sohn:"Naja, nicht so richtig. Ist aber schon o.k. so."
Während für meinen Sohn das Thema schnell vergessen war, beschäftigte es mich noch eine ganze Weile. "Sind wir nun reich?"
Laut Wörterbuch ist ein Reicher ein Vermögender, Wohlhabener, Zahlungsfähiger, Millionär. Oha! Zwischen Zahlungsfähiger und Millionär ist aber viel Spielraum.
Bin ich reich, nur weil ich meine Rechnungen bezahlen kann? Wohl kaum!
Bin ich arm? Definitiv nicht!
Warum denke ich überhaupt in den Kategorien arm und reich? Was ist denn mit dem Mittelfeld? Ist Mittelschicht nicht mehr gut genug?
Sie war es! Momentan ist sie auf dem absteigenden Ast; in den USA seit 40 Jahren erstmals in der Minderheit. Was vor gar nicht langer Zeit das Rückgrat unserer Gesellschaft war, ist gerade dabei, seine privilegierte Stellung zu verlieren.
Wie eine Made zwischen Baum und Borke hängend, ist in der Mittelschicht die Wahrscheinlichkeit, als Morgensnack zu enden, größer als die Chance, die Metamorphose zum Schmetterling (zum Reichen!) zu überstehen.
Paradoxerweise gibt es aber immer mehr Schmetterlinge; größer und bunter als jemals zuvor.
Diese neue Gattung der Superschmetterlinge scheint den Erkenntnissen der Darwin'schen Evolutionstheorie zu widersprechen. Plötzlich waren sie da und vermehrten sich in einer Geschwindigkeit, die globale Ausmaße angenommen hat - die Gattung der Superreichen!
Die Statussymbole der "normal" reichen Oberschicht (Villa, Yacht, etc.) haben ihre Bedeutung verloren. Wer heute beim Einkaufen noch auf's Preisschild schaut, wird nur noch mitleidig belächelt. Ganz oben gibt es keine Preisschilder mehr! Alles ist käuflich.
Es gibt Menschen auf diesem Planeten, die ganze Volkswirtschaften aufkaufen könnten, wenn sie eine sinnvolle Verwendung dafür hätten.
Wenn Milliardäre die Hälfte ihres Vermögens in eine Stiftung geben können, um dann kurze Zeit später trotzdem wieder zu den Reichsten zu zählen, läuft etwas gewaltig schief.
Denn dieses ganze Geld muss ja irgendwo herkommen!
Die Hilfsorganisation Oxfam hat in einer heute veröffentlichten Studie festgestellt, dass die "globale Ungleichheitskrise außer Kontrolle" geraten ist.
"Das Vermögen der unteren Hälfte der Menschheit ist in den vergangenen fünf Jahren um mehr als eine Billion Dollar geschrumpft."
Gleichzeitig konnten die 62 reichsten Menschen der Welt ihr Vermögen um 542 Milliarden Dollar steigern.
Das hat zu der abartigen Konstellation geführt, dass diese 62 Superreichen genausoviel Vermögen besitzen, wie die ärmere Hälfte der Menschheit.
62 vs. 3.500.000.000 !!!
Ich gehöre (danke,danke,danke!) nicht zu der einen Gruppe; bin aber gleichzeitig Lichtjahre von der anderen entfernt.
Ist es also purer Neid, dass ich mit meiner vermögenstechnischen Stellung unzufrieden bin?
Ich glaube, es ist eher Angst. Angst, den Anschluß zu verpassen und irgendwann zwischen den Extremen zerrieben zu werden.
>>Durch ehrliche Arbeit ist noch keiner reich geworden!<<
Naja, sowas soll es auch geben. Aber wenn ich mir vor Augen halte, wodurch viele zu ihren ersten Millionen gekommen sind, fange ich an, an meinem Verstand zu zweifeln. Weil sie gut Fußball spielen können, mit einem Auto schnell im Kreis fahren, schön singen, Fragen richtig beantworten oder 6 Kreuze an die richtige Stelle setzen! Während Milchbauern, Friseusen und Hebammen keinen Fuß auf die Matte kriegen!
Und unsere Kinder kriegen die volle mediale Breitseite dieser Entwicklung ab. Sie können zwischen den Extremen wählen: "Die Ludolfs" oder "Die Geissens", "Die Aussiedler" oder "Das Dschungelcamp", "Fick dich hoch" oder "Kotz dich schlank".
Alles die selbe Soße!
Je höher die Summen sind, die durch den Äther kreisen, umso geringer die Wertschätzung.
Wenn ein Konzern seinen Gewinn "nur" um 500 Millionen steigern konnte, droht ihm eine Abstrafung am Aktienmarkt.
Wenn sich ein Großbauprojekt "etwas" verteuert, dann gleich um mehrere Milliarden.
Konnte nicht unser Finanzminister neulich erfreut verkünden, dass er sich bei den Steuereinnahmen um 6 Mrd Euro verschätzt hatte?
Wen interessieren denn heute noch Millionen?!
Die Relationen verschwinden.
Wenn ich meinen Kindern erkläre, dass 3000 Euro für eine Woche Urlaub eine Menge Geld sind, ernte ich verständnislose Blicke.
"Aber Thomas Müller verdient 12 Mio im Jahr."
"Kein Mensch "verdient" 12 Mio. Er bekommt sie einfach. Und außerdem bin ich nicht Thomas Müller!"
Ich will gar nicht reich sein. Sorgenfrei würde völlig reichen!
Wenn alles gut läuft, sind wir pünktlich zum Renteneintritt schuldenfrei. Wenn alles gut läuft!
Und bis dahin warten noch viele Gespräche mit meinen Kindern darauf, geführt zu werden.
Ich bin nämlich doch reich!
Durch meine Kinder!
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Dienstag, 12. Januar 2016
Wer hat Angst vor'm bösen Buch?
dorn im auge, 19:04h
70 Jahre nach dem Tod des Verfassers laufen die Urheberrechte an seinem Werk aus. Wenn es ein auflagenstarkes Werk war, ist es verständlich, dass viele ein Stück vom neu zu verteilenden Kuchen abhaben wollen. Und dieser Kuchen ist gewaltig; immerhin erreichte besagtes Werk eine Auflage von 12,4 Mio Stück!
Das Problem ist nur, dass es von einem Mann geschrieben wurde, der als das personifizierte Böse gilt, als "Geißel des 20.Jahrhunderts". Damit ist sein Werk folgerichtig viel mehr als ein normales Buch. Es ist ein Manifest. Eine Manifestation des Bösen!
abraxas satanas!
Aber halt! Dieses Buch wurde nicht vom Teufel persönlich geschrieben, sondern von einem kleinen wütenden Gefreiten, der nach einem gescheiterten Putschversuch im Gefängnis saß.
Also was machte dieses Buch so gefährlich, dass es nach Ende des 2.Weltkrieges in beiden deutschen Staaten und Österreich auf dem Index stand?
Warum war es seinerzeit so erfolgreich?
Warum erhitzt die jetzige Neuveröffentlichung so die Gemüter?
Um allen Mißverständnissen vorzubeugen - ich habe das Buch nicht gelesen! Noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich es jemals lesen werde.
Mein Wissen über den Inhalt basiert also auf den Aussagen Anderer, die ich für überzeugend halte. In diesem speziellen Fall ist es der Artikel von Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung vom 9.1.16.
Ein Buch kann nur dann erfolgreich sein, wenn es den Nerv der Zeit und der Leserschaft trifft. Wenn es als ideologischer Leitfaden funktionieren soll, muss es dem Volk eine klare und einfach verständliche Vision vermitteln - wer ist Schuld am jetzigen Zustand und was können wir dagegen tun?
Während der wirtschaftliche Zustand selbsterklärend war (die Weltwirtschaftskrise von 1922 steckte allen noch in den Knochen), war sich der kleine Soldat Adolf Hitler sicher, die Schuldigen an der Misere in den Versailler Verträgen und den Juden gefunden zu haben. Sein abgrundtiefer Hass auf Juden (die irgendwie die historische Arschkarte gezogen haben, immer als Sündenböcke herhalten zu müssen!), war nicht nur in Deutschland sehr populär.
Als Ausweg propagandierte er die Ausweitung des deutschen Lebensraumes Richtung Osten, sowie die Ablehnung jeglicher demokratischer Mitbestimmung unter Anleitung eines "Führers" - ihm selbst.
Ich bin überzeugt, dass diese Kernthese des Buches, der "Führerkult", der Hauptgrund ist, warum demokratische Staaten eine panische Angst davor haben, ihre Bürger damit in Berührung kommen zu lassen. Unzufriedene Menschenmassen sind nämlich sehr empfänglich dafür, wenn ihnen eine charismatische Persönlichkeit das Denken abnimmt und ihnen einfache Lösungen präsentiert.
Da das Kind aber nun in den Brunnen und eine Neuveröffentlichung nicht mehr zu verhindern war, entschied man sich im Institut für Zeitgeschichte, dass die aufgeklärten Bürger noch nicht aufgeklärt genug waren, um ihnen einen unkommentierten Zugang zu Hitlers "Mein Kampf" zumuten zu können.
Es mag ein paar braune Dumpfnasen geben, die dieses Traktat als Legitimation ihres kruden Weltbildes feiern; für mich als intelligenten Menschen stellt es eine Beleidigung dar, wenn man der Meinung ist, mir erklären zu müssen, was ich gerade lese!
Ich brauche doch keine 1:1 Übersetzung eines deutschen Textes!
Nazi-Deutschland hatte schwere Schuld auf sich geladen. Die rechtlichen Nachfolger BRD und DDR fanden unterschiedliche Wege, mit dieser Schuld umzugehen und sie abzutragen. Das Ausland bewertet den "deutschen Weg", mit seiner Vergangenheit umzugehen, weitgehend positiv.
Meine Generation und die meiner Eltern haben keine Schuld. Schlichtweg weil wir nicht dabei waren, als das "Tausendjährige Reich" schon nach 12 Jahren aufhörte zu existieren.
Unzählige Publikationen und Reportagen haben sich mit dieser tragischen Zeit beschäftigt. Jedes Jahr werden wir mit neuem Bild- und Tonmaterial versorgt. Jede einzelne Schlacht wurde detailgetreu rekonstruiert, jede Wunderwaffe durchleuchtet, jede private Aufnahme Adolf Hitler's inszeniert. Sogar in Farbe!
Wir haben uns aus unserer Schockstarre gelöst, wir dürfen wieder "Deutschland vor, noch ein Tor!" brüllen, Hitler-Parodien ziehen keine soziale Ächtung mehr nach sich und die erfolgreichsten Waffensysteme der damaligen Zeit gibt es offiziell als Modellbausatz.
Doch bei allem Faktenwissen bleibt immer noch die große Frage, wie ein ganzes Volk dieser zerstörerischen und menschenverachtenden Ideologie zum Opfer fallen konnte.
Die Wichtigkeit von Hitlers "Mein Kampf" sollte nicht überbewertet werden. Aber dieses Buch war ein Puzzle-Stein im großen Mosaik der Errichtung einer faschistischen (ich kann dem Begriff national-sozialistisch nichts abgewinnen!) Diktatur auf deutschem Boden.
Welche Dokumente könnten einen besseren Blickwinkel auf diese Zeit ermöglichen, als die von unmittelbar Involvierten, in diesem Fall sogar Verantwortlichen?!
Aus der Vergangenheit lernen, um die Gegenwart zu meistern und dann die Zukunft zu gestalten.
Was sich als schwierig erweist, wenn die herrschende Klasse sich davor fürchtet, dass der Erkenntnisgewinn des Volkes in eine ungewünschte Richtung laufen könnte!
Das Institut für Zeitgeschichte hat jahrelang recherchiert, um die Ansichten Hitlers kritisch zu hinterfragen und zu widerlegen. Der Hype um die Veröffentlichung nahm teilweise skurile Formen an.
Aber lohnt es sich, 59 EUR für 1900 Seiten auf den Tisch zu legen, wenn mir auf jeder zweiten Seite eine Begründung dafür geliefert wird, warum ich dieses Buch nicht hätte kaufen sollen?
Jetzt ist es da.
Viele kluge und wahrscheinlich auch genausoviele dumme Kommentare werden ihren Weg an die Öffentlichkeit finden.
Die Hysterie wird verschwinden.
Übrig bleibt ein Buch.
Nichts, wovor man sich fürchten muss!
Das Problem ist nur, dass es von einem Mann geschrieben wurde, der als das personifizierte Böse gilt, als "Geißel des 20.Jahrhunderts". Damit ist sein Werk folgerichtig viel mehr als ein normales Buch. Es ist ein Manifest. Eine Manifestation des Bösen!
abraxas satanas!
Aber halt! Dieses Buch wurde nicht vom Teufel persönlich geschrieben, sondern von einem kleinen wütenden Gefreiten, der nach einem gescheiterten Putschversuch im Gefängnis saß.
Also was machte dieses Buch so gefährlich, dass es nach Ende des 2.Weltkrieges in beiden deutschen Staaten und Österreich auf dem Index stand?
Warum war es seinerzeit so erfolgreich?
Warum erhitzt die jetzige Neuveröffentlichung so die Gemüter?
Um allen Mißverständnissen vorzubeugen - ich habe das Buch nicht gelesen! Noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich es jemals lesen werde.
Mein Wissen über den Inhalt basiert also auf den Aussagen Anderer, die ich für überzeugend halte. In diesem speziellen Fall ist es der Artikel von Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung vom 9.1.16.
Ein Buch kann nur dann erfolgreich sein, wenn es den Nerv der Zeit und der Leserschaft trifft. Wenn es als ideologischer Leitfaden funktionieren soll, muss es dem Volk eine klare und einfach verständliche Vision vermitteln - wer ist Schuld am jetzigen Zustand und was können wir dagegen tun?
Während der wirtschaftliche Zustand selbsterklärend war (die Weltwirtschaftskrise von 1922 steckte allen noch in den Knochen), war sich der kleine Soldat Adolf Hitler sicher, die Schuldigen an der Misere in den Versailler Verträgen und den Juden gefunden zu haben. Sein abgrundtiefer Hass auf Juden (die irgendwie die historische Arschkarte gezogen haben, immer als Sündenböcke herhalten zu müssen!), war nicht nur in Deutschland sehr populär.
Als Ausweg propagandierte er die Ausweitung des deutschen Lebensraumes Richtung Osten, sowie die Ablehnung jeglicher demokratischer Mitbestimmung unter Anleitung eines "Führers" - ihm selbst.
Ich bin überzeugt, dass diese Kernthese des Buches, der "Führerkult", der Hauptgrund ist, warum demokratische Staaten eine panische Angst davor haben, ihre Bürger damit in Berührung kommen zu lassen. Unzufriedene Menschenmassen sind nämlich sehr empfänglich dafür, wenn ihnen eine charismatische Persönlichkeit das Denken abnimmt und ihnen einfache Lösungen präsentiert.
Da das Kind aber nun in den Brunnen und eine Neuveröffentlichung nicht mehr zu verhindern war, entschied man sich im Institut für Zeitgeschichte, dass die aufgeklärten Bürger noch nicht aufgeklärt genug waren, um ihnen einen unkommentierten Zugang zu Hitlers "Mein Kampf" zumuten zu können.
Es mag ein paar braune Dumpfnasen geben, die dieses Traktat als Legitimation ihres kruden Weltbildes feiern; für mich als intelligenten Menschen stellt es eine Beleidigung dar, wenn man der Meinung ist, mir erklären zu müssen, was ich gerade lese!
Ich brauche doch keine 1:1 Übersetzung eines deutschen Textes!
Nazi-Deutschland hatte schwere Schuld auf sich geladen. Die rechtlichen Nachfolger BRD und DDR fanden unterschiedliche Wege, mit dieser Schuld umzugehen und sie abzutragen. Das Ausland bewertet den "deutschen Weg", mit seiner Vergangenheit umzugehen, weitgehend positiv.
Meine Generation und die meiner Eltern haben keine Schuld. Schlichtweg weil wir nicht dabei waren, als das "Tausendjährige Reich" schon nach 12 Jahren aufhörte zu existieren.
Unzählige Publikationen und Reportagen haben sich mit dieser tragischen Zeit beschäftigt. Jedes Jahr werden wir mit neuem Bild- und Tonmaterial versorgt. Jede einzelne Schlacht wurde detailgetreu rekonstruiert, jede Wunderwaffe durchleuchtet, jede private Aufnahme Adolf Hitler's inszeniert. Sogar in Farbe!
Wir haben uns aus unserer Schockstarre gelöst, wir dürfen wieder "Deutschland vor, noch ein Tor!" brüllen, Hitler-Parodien ziehen keine soziale Ächtung mehr nach sich und die erfolgreichsten Waffensysteme der damaligen Zeit gibt es offiziell als Modellbausatz.
Doch bei allem Faktenwissen bleibt immer noch die große Frage, wie ein ganzes Volk dieser zerstörerischen und menschenverachtenden Ideologie zum Opfer fallen konnte.
Die Wichtigkeit von Hitlers "Mein Kampf" sollte nicht überbewertet werden. Aber dieses Buch war ein Puzzle-Stein im großen Mosaik der Errichtung einer faschistischen (ich kann dem Begriff national-sozialistisch nichts abgewinnen!) Diktatur auf deutschem Boden.
Welche Dokumente könnten einen besseren Blickwinkel auf diese Zeit ermöglichen, als die von unmittelbar Involvierten, in diesem Fall sogar Verantwortlichen?!
Aus der Vergangenheit lernen, um die Gegenwart zu meistern und dann die Zukunft zu gestalten.
Was sich als schwierig erweist, wenn die herrschende Klasse sich davor fürchtet, dass der Erkenntnisgewinn des Volkes in eine ungewünschte Richtung laufen könnte!
Das Institut für Zeitgeschichte hat jahrelang recherchiert, um die Ansichten Hitlers kritisch zu hinterfragen und zu widerlegen. Der Hype um die Veröffentlichung nahm teilweise skurile Formen an.
Aber lohnt es sich, 59 EUR für 1900 Seiten auf den Tisch zu legen, wenn mir auf jeder zweiten Seite eine Begründung dafür geliefert wird, warum ich dieses Buch nicht hätte kaufen sollen?
Jetzt ist es da.
Viele kluge und wahrscheinlich auch genausoviele dumme Kommentare werden ihren Weg an die Öffentlichkeit finden.
Die Hysterie wird verschwinden.
Übrig bleibt ein Buch.
Nichts, wovor man sich fürchten muss!
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Sonntag, 3. Januar 2016
Arbeitsagentur
dorn im auge, 21:14h
Ein Telefonat Anfang März 2015.
"Arbeitsagentur..., Frau ..., was kann ich für sie tun?"
"Guten Morgen, mein Name ist ... Ich würde gern mit meiner zuständigen Sachbearbeiterin sprechen."
Sekundenlange Pause.
"Waren sie schon mal bei uns?"
"Ja."
"Ich kann sie nämlich nicht finden."
"Das kann aber nicht sein. Ich habe schließlich schon eine Umschulung von ihnen bekommen."
"Wann war das, bitte?"
"Vor fünf Jahren."
"Alles klar. Dann wurden ihre Daten in der Zwischenzeit gelöscht."
"Was? Wieso das denn?"
"Ist eine Standardprozedur. Dann werden wir erst mal eine neue Akte für sie anlegen."
"Jetzt? Können sie mich nicht einfach durchstellen?"
"Ohne Akte? Wie stellen sie sich das vor? Die Bearbeiterin muß sich ja schließlich vorbereiten! Also, können wir?"
"Ja. Natürlich."
Mißmutig gebe ich meine Personalien durch.
"So. Jetzt noch ein paar Angaben zu ihrem Lebenslauf.", flötet es aus der Muschel.
"Das mache ich bestimmt nicht übers Telefon!"
Ich muß aufpassen, dass meine aufkommende Aggressivität nicht allzu sehr durchschlägt.
"Na gut, dass können sie ja später nachreichen. In welcher Angelegenheit wollen sie denn mit ihrer Sachbearbeiterin sprechen?"
'Das geht dich ja wohl einen Scheiß an!', denke ich.
"Wegen einer Umschulung.", sage ich.
"Gut. Ich werde alles Notwendige veranlassen. Sie hören von uns. Vielen Dank für ihren Anruf."
Zwei Tage später bekomme ich Post. Meine ZUGANGSDATEN ZUR JOBBOERSE DER BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT. Man teilt mir mit, dass ich jetzt ein Benutzerkonto mit persönlichem Benutzernamen habe.
Das dazu gehörige persönliche Kennwort wird mir einen Tag später in einem separaten Schreiben zugestellt.
'Wollen die mich verarschen?'
Weitere fünf Tage später wieder Post. Das BERATUNGSPAKET ZUR RATSUCHENDMELDUNG.
'Die müssen zu viel Papier haben!'
Anschreiben, Fragebogen, Erinnerung an den nachzureichenden Lebenslauf, eine Liste der exklusiven Lernmedien der Lernboerse, ein Merkblatt des Berufsinformationszentrums BIZ. Das Einzige, was mich wirklich interessiert hätte, ein Terminvorschlag, fehlt.
Obwohl ich mittlerweile Mordgedanken hege, fülle ich alles brav aus und - warte.
Meine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Etliche Tage später klingelt mein Handy.
"Frau XY von der Arbeitsagentur. Es geht um ihren Beratungswunsch."
"Ist gerade ungünstig. Bin mit dem Auto unterwegs."
"Wollen sie nun einen Termin, oder nicht?"
"Natürlich! Moment!"
Ich fahre rechts ran.
"So. Wann kann ich denn vorbei kommen?"
"Naja, nach gründlicher Überprüfung der Fakten sind wir zu der Einschätzung gelangt, dass ein persönliches Vorsprechen nicht nötig ist."
"Und warum nicht?"
"Weil für ihren angegebenen Umschulungswunsch kein Bedarf besteht."
Ich glaube, mich verhört zu haben.
"Wollen sie mich jetzt ernsthaft am Telefon abwimmeln?! Ich warte seit drei Wochen und verlange, dass ich endlich einen Termin bekomme!"
Mein Puls ist in besorgniserregende Höhe geschnellt.
'Was bildet diese Schnepfe sich ein?!'
Am anderen Ende scheint es zu keinerlei erhöhter Körperfunktion gekommen zu sein.
"Wie sie wollen. Wir werden ihnen einen zeitnahen Termin mitteilen."
'Das will ich auch hoffen!', denke ich.
"Danke!", sage ich.
Zeitnah ist relativ; und so ist nächste Woche Freitag so gut wie jeder andere Termin. Nur die Uhrzeit macht mißtrauisch - 14.30 Uhr. Kurz vor Feierabend und Wochenende. Alles klar!
Gut vorbereitet und argwöhnisch erscheine ich zum Termin. Wie befürchtet bin ich der letzte Kunde.
'Bangemachen gilt nicht!'
"Guten Tag Herr ...! Schön, dass sie so pünktlich sind.", sagt Frau X und blickt demonstrativ auf die Uhr.
'Ich weiß, dass ich dir den Feierabend versaue!', denke ich.
"Danke, dass ich so schnell einen Termin bekommen habe.", sage ich.
Den kleinen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen.
Jetzt, wo die Fronten geklärt sind, steigen wir in die Verhandlung ein.
"Herr ..., sie wollen eine Umschulung zum Photoartist absolvieren. Was soll das sein?"
"Wie ich schon im Fragebogen angegeben habe, handelt es sich um eine interne Bezeichnung der Photoacademy Urbschat hier in Berlin. Es ist eine kombinierte Ausbildung."
"Kombiniert woraus?"
"Aus Fotograf und Mediengestalter."
"Wie ich den Unterlagen entnehme, sind sie dort schon vorstellig geworden. Ist das richtig?"
"Ja! Ich habe eine Fotomappe eingereicht, einen Eignungstest bestanden und darauf hin ein Empfehlungsschreiben bekommen. Wollen sie mal sehen?"
Das Schriftstück überfliegt sie; die Mappe rührt sie nicht an.
"Das klingt ja alles ganz toll, aber wie ihnen schon telefonisch mitgeteilt wurde, sehen wir für diesen Beruf keinen Bedarf und demzufolge auch keine Notwendigkeit, eine solche Umschulung zu finanzieren."
Ich habe mit diesem Einwand gerechnet und kann daher im freundlichen Tonfall meine Argumentation anbringen.
"Kein Bedarf? In der heutigen Zeit? Glauben sie nicht, dass die unzähligen online-shops Verwendung für exzellent ausgebildete Fachkräfte haben, die ihre Produkte fotografieren, präsentieren und vermarkten können?"
"Auf den relevanten Jobportalen konnte ich jedenfalls nichts finden."
"Mit relevant meinen sie ihre eigene Seite, oder was?"
"Glauben sie mir, die Angebote auf stepstone, monster, etc. unterscheiden sich nicht von denen der jobboerse der Arbeitsagentur."
"Die meine ich auch nicht. Die Kreativbranche inseriert auf speziellen Seiten."
"Ach, und welche wären das?"
"Auch das habe ich im Fragebogen angegeben!"
Mit vorwurfsvollem Blick nimmt sie denselben zur Hand und beginnt zu lesen. Offensichtlich zum ersten Mal.
"Na dann wollen wir mal sehen."
Sie tippt kimeta.de ein. Sofort füllt sich der Bildschirm. Lauter Angebote aus dem Großraum Berlin.
'Jetzt sag was, du blöde Kuh!', denke ich.
"Das sieht doch ganz gut aus!", sage ich.
Aber so recht mag Frau X meine Begeisterung nicht teilen und vertieft sich in die einzelnen Inserate. Mit akribischer Präzision zerpflückt sie jedes einzelne Angebot und damit gleichzeitig meine Zukunftspläne.
"Hier wird mehrjährige Berufserfahrung gefordert."
"Muss ja nicht der Job sein."
"Wie sieht es mit ihren Englischkenntnissen aus?"
"Kann ich auffrischen."
"Sie wollen ja wohl kaum Babys fotografieren, oder?"
"Warum nicht?"
Auf diesem Niveau geht es eine ganze Weile weiter. Irgendetwas findet sie immer, um es mir mierig zu machen.
"Außerdem sind sie zu alt."
"Was?!"
Jetzt habe ich langsam die Faxen dicke.
"Zu alt, um einen Fotoapparat hoch zu halten? Mit 45? Wie kommen sie denn zu dieser abenteuerlichen Meinung?!"
"In diesen Jobangeboten wird immer die DU-Anrede benutzt. Ein untrügliches Zeichen, dass junge Bewerber angesprochen werden sollen."
"So ein Blödsinn!"
Es fällt mir immer schwerer, mich zu beherrschen.
"In der Kreativbranche ist das die gebräuchliche Anrede! Habe ich beim Gespräch mit der Chefin der Photoacademy selbst erlebt!"
"Na wenn sie meinen."
Unbeeindruckt zieht sie ihre letzte Trumpfkarte.
"Dieses ganze Gespräch ist sowieso überflüssig, da sie sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden und damit für eine geförderte Umschulung nicht in Frage kommen."
"Das kann sich heutzutage schnell ändern."
"Wenn es so weit sein sollte, können wir gerne noch einmal über geeignete Maßnahmen reden. Altenpfleger und CNC-Fräser sind gerade sehr gefragt."
"Nein, danke."
Ich bin erledigt.
Frau X scheint der bevorstehende Feierabend in Hochstimmung zu versetzen.
"Ich freue mich, dass wir uns auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen konnten."
'Du kannst mich mal!', denke ich.
"Danke, dass sie sich die Zeit genommen haben.", sage ich.
"Arbeitsagentur..., Frau ..., was kann ich für sie tun?"
"Guten Morgen, mein Name ist ... Ich würde gern mit meiner zuständigen Sachbearbeiterin sprechen."
Sekundenlange Pause.
"Waren sie schon mal bei uns?"
"Ja."
"Ich kann sie nämlich nicht finden."
"Das kann aber nicht sein. Ich habe schließlich schon eine Umschulung von ihnen bekommen."
"Wann war das, bitte?"
"Vor fünf Jahren."
"Alles klar. Dann wurden ihre Daten in der Zwischenzeit gelöscht."
"Was? Wieso das denn?"
"Ist eine Standardprozedur. Dann werden wir erst mal eine neue Akte für sie anlegen."
"Jetzt? Können sie mich nicht einfach durchstellen?"
"Ohne Akte? Wie stellen sie sich das vor? Die Bearbeiterin muß sich ja schließlich vorbereiten! Also, können wir?"
"Ja. Natürlich."
Mißmutig gebe ich meine Personalien durch.
"So. Jetzt noch ein paar Angaben zu ihrem Lebenslauf.", flötet es aus der Muschel.
"Das mache ich bestimmt nicht übers Telefon!"
Ich muß aufpassen, dass meine aufkommende Aggressivität nicht allzu sehr durchschlägt.
"Na gut, dass können sie ja später nachreichen. In welcher Angelegenheit wollen sie denn mit ihrer Sachbearbeiterin sprechen?"
'Das geht dich ja wohl einen Scheiß an!', denke ich.
"Wegen einer Umschulung.", sage ich.
"Gut. Ich werde alles Notwendige veranlassen. Sie hören von uns. Vielen Dank für ihren Anruf."
Zwei Tage später bekomme ich Post. Meine ZUGANGSDATEN ZUR JOBBOERSE DER BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT. Man teilt mir mit, dass ich jetzt ein Benutzerkonto mit persönlichem Benutzernamen habe.
Das dazu gehörige persönliche Kennwort wird mir einen Tag später in einem separaten Schreiben zugestellt.
'Wollen die mich verarschen?'
Weitere fünf Tage später wieder Post. Das BERATUNGSPAKET ZUR RATSUCHENDMELDUNG.
'Die müssen zu viel Papier haben!'
Anschreiben, Fragebogen, Erinnerung an den nachzureichenden Lebenslauf, eine Liste der exklusiven Lernmedien der Lernboerse, ein Merkblatt des Berufsinformationszentrums BIZ. Das Einzige, was mich wirklich interessiert hätte, ein Terminvorschlag, fehlt.
Obwohl ich mittlerweile Mordgedanken hege, fülle ich alles brav aus und - warte.
Meine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Etliche Tage später klingelt mein Handy.
"Frau XY von der Arbeitsagentur. Es geht um ihren Beratungswunsch."
"Ist gerade ungünstig. Bin mit dem Auto unterwegs."
"Wollen sie nun einen Termin, oder nicht?"
"Natürlich! Moment!"
Ich fahre rechts ran.
"So. Wann kann ich denn vorbei kommen?"
"Naja, nach gründlicher Überprüfung der Fakten sind wir zu der Einschätzung gelangt, dass ein persönliches Vorsprechen nicht nötig ist."
"Und warum nicht?"
"Weil für ihren angegebenen Umschulungswunsch kein Bedarf besteht."
Ich glaube, mich verhört zu haben.
"Wollen sie mich jetzt ernsthaft am Telefon abwimmeln?! Ich warte seit drei Wochen und verlange, dass ich endlich einen Termin bekomme!"
Mein Puls ist in besorgniserregende Höhe geschnellt.
'Was bildet diese Schnepfe sich ein?!'
Am anderen Ende scheint es zu keinerlei erhöhter Körperfunktion gekommen zu sein.
"Wie sie wollen. Wir werden ihnen einen zeitnahen Termin mitteilen."
'Das will ich auch hoffen!', denke ich.
"Danke!", sage ich.
Zeitnah ist relativ; und so ist nächste Woche Freitag so gut wie jeder andere Termin. Nur die Uhrzeit macht mißtrauisch - 14.30 Uhr. Kurz vor Feierabend und Wochenende. Alles klar!
Gut vorbereitet und argwöhnisch erscheine ich zum Termin. Wie befürchtet bin ich der letzte Kunde.
'Bangemachen gilt nicht!'
"Guten Tag Herr ...! Schön, dass sie so pünktlich sind.", sagt Frau X und blickt demonstrativ auf die Uhr.
'Ich weiß, dass ich dir den Feierabend versaue!', denke ich.
"Danke, dass ich so schnell einen Termin bekommen habe.", sage ich.
Den kleinen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen.
Jetzt, wo die Fronten geklärt sind, steigen wir in die Verhandlung ein.
"Herr ..., sie wollen eine Umschulung zum Photoartist absolvieren. Was soll das sein?"
"Wie ich schon im Fragebogen angegeben habe, handelt es sich um eine interne Bezeichnung der Photoacademy Urbschat hier in Berlin. Es ist eine kombinierte Ausbildung."
"Kombiniert woraus?"
"Aus Fotograf und Mediengestalter."
"Wie ich den Unterlagen entnehme, sind sie dort schon vorstellig geworden. Ist das richtig?"
"Ja! Ich habe eine Fotomappe eingereicht, einen Eignungstest bestanden und darauf hin ein Empfehlungsschreiben bekommen. Wollen sie mal sehen?"
Das Schriftstück überfliegt sie; die Mappe rührt sie nicht an.
"Das klingt ja alles ganz toll, aber wie ihnen schon telefonisch mitgeteilt wurde, sehen wir für diesen Beruf keinen Bedarf und demzufolge auch keine Notwendigkeit, eine solche Umschulung zu finanzieren."
Ich habe mit diesem Einwand gerechnet und kann daher im freundlichen Tonfall meine Argumentation anbringen.
"Kein Bedarf? In der heutigen Zeit? Glauben sie nicht, dass die unzähligen online-shops Verwendung für exzellent ausgebildete Fachkräfte haben, die ihre Produkte fotografieren, präsentieren und vermarkten können?"
"Auf den relevanten Jobportalen konnte ich jedenfalls nichts finden."
"Mit relevant meinen sie ihre eigene Seite, oder was?"
"Glauben sie mir, die Angebote auf stepstone, monster, etc. unterscheiden sich nicht von denen der jobboerse der Arbeitsagentur."
"Die meine ich auch nicht. Die Kreativbranche inseriert auf speziellen Seiten."
"Ach, und welche wären das?"
"Auch das habe ich im Fragebogen angegeben!"
Mit vorwurfsvollem Blick nimmt sie denselben zur Hand und beginnt zu lesen. Offensichtlich zum ersten Mal.
"Na dann wollen wir mal sehen."
Sie tippt kimeta.de ein. Sofort füllt sich der Bildschirm. Lauter Angebote aus dem Großraum Berlin.
'Jetzt sag was, du blöde Kuh!', denke ich.
"Das sieht doch ganz gut aus!", sage ich.
Aber so recht mag Frau X meine Begeisterung nicht teilen und vertieft sich in die einzelnen Inserate. Mit akribischer Präzision zerpflückt sie jedes einzelne Angebot und damit gleichzeitig meine Zukunftspläne.
"Hier wird mehrjährige Berufserfahrung gefordert."
"Muss ja nicht der Job sein."
"Wie sieht es mit ihren Englischkenntnissen aus?"
"Kann ich auffrischen."
"Sie wollen ja wohl kaum Babys fotografieren, oder?"
"Warum nicht?"
Auf diesem Niveau geht es eine ganze Weile weiter. Irgendetwas findet sie immer, um es mir mierig zu machen.
"Außerdem sind sie zu alt."
"Was?!"
Jetzt habe ich langsam die Faxen dicke.
"Zu alt, um einen Fotoapparat hoch zu halten? Mit 45? Wie kommen sie denn zu dieser abenteuerlichen Meinung?!"
"In diesen Jobangeboten wird immer die DU-Anrede benutzt. Ein untrügliches Zeichen, dass junge Bewerber angesprochen werden sollen."
"So ein Blödsinn!"
Es fällt mir immer schwerer, mich zu beherrschen.
"In der Kreativbranche ist das die gebräuchliche Anrede! Habe ich beim Gespräch mit der Chefin der Photoacademy selbst erlebt!"
"Na wenn sie meinen."
Unbeeindruckt zieht sie ihre letzte Trumpfkarte.
"Dieses ganze Gespräch ist sowieso überflüssig, da sie sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden und damit für eine geförderte Umschulung nicht in Frage kommen."
"Das kann sich heutzutage schnell ändern."
"Wenn es so weit sein sollte, können wir gerne noch einmal über geeignete Maßnahmen reden. Altenpfleger und CNC-Fräser sind gerade sehr gefragt."
"Nein, danke."
Ich bin erledigt.
Frau X scheint der bevorstehende Feierabend in Hochstimmung zu versetzen.
"Ich freue mich, dass wir uns auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen konnten."
'Du kannst mich mal!', denke ich.
"Danke, dass sie sich die Zeit genommen haben.", sage ich.
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